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Schattenseiten

Am Wochenende erzählte mir jemand, dass er von einem Autofahrer geschlagen worden ist. Auf offener Straße. Dass er in dem Moment unfähig war, sich zu wehren. Er war niedergeschlagen wegen der großen Aggressivität, die auf den Straßen mittlerweile herrscht und die ihm immer wieder begegnet. Und vor allem bestürzend, er suchte Schuld und Ursache bei…

Am Wochenende erzählte mir jemand, dass er von einem Autofahrer geschlagen worden ist. Auf offener Straße. Dass er in dem Moment unfähig war, sich zu wehren. Er war niedergeschlagen wegen der großen Aggressivität, die auf den Straßen mittlerweile herrscht und die ihm immer wieder begegnet. Und vor allem bestürzend, er suchte Schuld und Ursache bei sich! Als ob es irgendeine Rechtfertigung dafür geben könnte, dass jemand gegenüber jemand anderem Gewalt anwendet. Gibt es nämlich nicht. Hat auch nichts mit Rücksicht oder so zu tun. GEWALT IST MIT NICHTS ZU RECHTFERTIGEN!

Auch andere berichten nicht nur von rücksichtlosem, sondern gewalttätigen oder übergriffigen Verhalten von Autofahrern.

Das alles ist nur zu erklären mit den (hier nur sinngemäß wiedergegebenen) Worten, die ich von Prof. Dr. Knoflacher aufgefangen hatte, ich glaube es war auf der RADKOMM in Köln vor zwei Jahren. Er sagte damals in einer beeindruckenden und die Augen öffnenden Rede, dass das Auto sich tief ins Stammhirn der Menschen eingegraben hat. Es gehört damit sozusagen zum Körper und zur Familie. Deswegen reagieren die Menschen, wenn es um ihr Auto geht, wie wenn es um sie selber geht. Wenn sie etwas, warum auch immer, als Angriff ansehen (und das ist schnell der Fall), antworten sie mit Flucht oder Angriff, meistens mit Angriff. Und das kann auch gewalttätig enden.

Auf der Heimfahrt von meinem Gespräch hatte ich das selber. Ich fuhr zwischen Sindorf und Horrem auf der Straße, auf einem Stück, an dem der entlangführende „Radweg“, der bis von einiger Zeit benutzungspflichtig war, jetzt nur noch Gehweg mit Radfahrer Frei ist. Dort habe ich es immer mindestens einmal mit Hupen, aggressivem Überholen mit Schneiden zu tun. Diesmal brüllte mich beim Überholen ein Autofahrer, der extra sein Fenster bei diesen Temperaturen herunter gelassen hatte, an, da sei doch ein Radweg. Mein Empfinden war, dass er mir „sagen“ wollte: Hey, wieso fährst Du denn auf MEINER Fahrbahn, verpiss Dich gefälligst auf DEINE!

So war es aber nicht. Also, jedenfalls nach seinem Bekunden. Er parkte nämlich ortseingangs Horrem. Ich hielt an und fragte ihn, ob er denn nicht wisse, dass ich da auf der Fahrbahn fahren dürfe. Es stellte sich heraus, dass er das wohl wusste, denn er ist Berufskraftfahrer und kennt sich gut aus. Er wollte mir versichern, dass er lediglich an meiner Sicherheit interessiert gewesen sei und mir deshalb den Hinweis geben wollte, dass da doch ein viel sicherer Weg für mich sei. Ich sagte ihm, dass ich mich auch auskenne, dass es nicht sehr sicher sei für alle Beteiligten, dass er mir diesen netten Hinweis bei voller Fahrt aus dem offenen Fenster heraus gegeben hat und dass ich gerne auf einen solchen Hinweis verzichte.

Immerhin, es herrschte in dem Gespräch keine Aggressivität, wir kamen an sich miteinander parat. Am Ende wünschte er mir sogar ein frohes Weihnachtsfest.

Noch eine Schattenseite. Ich schreibe meine Aktuellen einfach einmal hier zusammen, weil ich ja normalerweise eher über die schönen Seiten des Radfahrens schreibe.

Am Montag Morgen kam ich an einem Dooring-Unfall vorbei. Er war schon passiert und ich war mit dem Auto unterwegs. Es war auf dem Höhenweg in Horrem, kurz vor dem EkoZet, bei dem ich etwas abgeben wollte. Der Fahrer eines Lieferwagens hatte seine Tür wohl aufgemacht und eine Radfahrerin war dagegen gefahren. Sie lag auf der Straße, eine Reihe von Leuten kümmerten sich um sie. Es gibt dort einen Schutzstreifen auf der Straße, mit einer „inneren“ Linie mit Abstand zum Bordstein und damit den parkenden Autos.

In seiner Broschüre „So geht Verkehrswende“ beurteilt der ADFC Schutzstreifen so:

Aus Sicht des ADFC sollen Schutzstreifen nur in Straßen mit geringem Verkehr, niedrigen Kfz-Geschwindigkeiten und in Verbindung mit einem absoluten Halteverbot eingesetzt werden. Im Grunde sind Schutzstreifen keine eigenständige Radverkehrsinfrastruktur, da sie legal vom Kraftverkehr mitgenutzt werden dürfen. Konflikte und riskante Situationen durch zugestellte Schutzstreifen und zu geringe Sicherheitsabstände zwischen Radfahrenden und Kfz sind häufig.

Schutzstreifen erfüllen aus Sicht des ADFC nicht die Anforderungen an eine Radverkehrsinfrastruktur, auf der Menschen aller Altersgruppen und Nutzertypen zügig, sicher und komfortabel Rad fahren können. Sie sind der Ausnahmefall, wenn bauliche Radverkehrsanlagen oder Radfahrstreifen tatsächlich nicht umsetzbar sind – und dann auch nur als vorübergehende Lösung, bis eine zufriedenstellende Lösung umgesetzt werden kann. Die in der ERA vorgeschlagenen Mindestbreiten und Sicherheitszonen hin zum ruhenden Verkehr sind völlig unzureichend .

Dem ist dann nichts hinzuzufügen.

Der verletzten Radfahrerin wünsche ich alles Gute und eine rasche Genesung.

Noch mal zurück zum Anfang. Ich möchte erleben, was geschähe, wenn sich Autofahrer mit mit einer Situation wie auf dem nachstehenden Bild konfrontiert sähen. Ich hab die Leute, die auf dem Weg wirklich auch arbeiten mussten, natürlich auch angesprochen. Sie waren nicht auf die Idee gekommen, auf dem Grünstreifen neben dem Radweg zu parken. Den wollten sie lieber mir zum Vorbeifahren überlassen.

Ich fahre trotzdem weiter Rad. Denn die schönen Seiten überwiegen bei weitem. Dennoch:

PASST AUF EUCH AUF DA DRAUßEN!

Antworten auf „Schattenseiten”.

  1. Susanne

    Ich fahre auch öfter auf dem Weg zwischen Horrem und Sindorf. Letzte Woche fiel mir das erste Mal auf, dass das gar kein echter Radweg ist. Kurz hab ich überlegt, auf die Straße zu wechseln. Ich hab es gelassen. Denn meist ist der Zustand der Straße nicht viel besser als der Weg. Und dann wollte ich mich nicht mit hupenden, nah überholenden Autofahrern herumärgern.
    Glücklicherweise hatte ich ansonsten noch keine unschönen Begegnungen außer eben extrem nahes Überholen, was auch schon schlimm genug ist. Man erschreckt sich schon sehr. Möglichst versuche ich Autofahrern aus dem Weg zu fahren und ich halte mich an alle Verkehrsregeln. Ich schimpfe Autofahrern nicht hinterher, auch wenn ich mich ärgere.
    Bin ich als Autofahrer unterwegs, nehme ich so viel Rücksicht wie möglich auf Radfahrer. Ich überhole zum Beispiel mit großem Abstand.
    Ich hoffe, dadurch andere anzuregen, sich ebenfalls nett gegenüber den anderen Verkehrsteilnehmern zu verhalten.

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    1. warumichradfahre

      Hey, danke für diesen ausgewogenen Kommentar. Ich schimpfe auch nicht hinterher, aber ich versuchen immer mehr, die Leute anzusprechen. Meistens ist das gar nicht so schlimm, wie man sich das vorstellt. Gibt oft eine ganz gute Diskussion.

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  2. warumichradfahre

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